Teil 2
HDTV in Deutschland: Der Anfang ist gemacht
April 2009: Ginge es nach den großen Elektronikherstellern, die die Welt nun schon seit mehreren Jahren mit immer größeren und technisch aufgebohrten Fernsehgeräten versorgen, die längst im Stande sind HDTV - also Bilder mit einer Mindestauflösung von 1280x720 Pixeln - darzustellen, wäre das hochauflösende Fernsehen schon längst Übertragungsstandard Nummer Eins. Bislang scheiterte das Unterfangen jedoch an den deutschen Programmveranstaltern, welche sich bis zuletzt sehr zurückhaltend gegenüber der neuen Technologie zeigten. Doch im Jahr 2010 soll alles anders werden.
Impulsgeber öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Scheiterten frühere Bemühungen HD-Sendungen und –Sender zu etablieren vor allem an dem Mangel an empfangsbereiten Haushalten, so hat sich der Spieß inzwischen umgedreht. Die guten Verkaufszahlen bei HD-fähigen Fernsehgeräten und entsprechender Peripherie verdeutlichen einen Trend den auch aktuelle Studien bestätigen: Die Deutschen wollen HDTV und sind auch bereit dafür in entsprechende Technologie zu investieren. Jüngste Umfragen der Ludwig-Maximilians-Universität belegen, dass 58 % der Befragten auf hochauflösendes Fernsehen umsteigen wollen.
Das scheint auch die letzten Zweifler in den Führungsgremien der deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF überzeugt zu haben, den Weg in Richtung HD-Regelbetrieb einzuschlagen und die Ableger ARD HD und ZDF HD auf den Weg zu bringen. In entsprechenden Publikationen der Sendeanstalten gibt man sich wenig bescheiden: „Das Fernsehen der Zukunft ist hochauflösend. Für ARD und ZDF hat die Zukunft bereits begonnen“. Nach mehreren Showcases, meist um die Weihnachts- und Osterfeiertage, in denen geneigte Zuschauer bereits in den Genuss ausgewählter Sendungen in HD kommen konnten, und einer erfolgreichen HD-Übertragung der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im Jahr 2009, soll nun Mitte Februar 2010 der Startschuss für den Regelbetrieb mit der Übertragung der XXI. Olympischen Winterspiele in Vancouver fallen.
Der Start macht umfangreiche Neuerungen notwendig, denn HD-Material besitzt gegenüber dem bisher verwendeten SD-Material (Standard Definition, 720x576 Pixel) eine deutlich höhere Datenrate. Dies macht neben der Anschaffung neuer Kameras und Schnittsysteme eine völlig neue Vernetzung der Geräte notwendig. Zusätzlich entstehen Kosten für die Übertragung. Das ZDF ließ gar ein neues Nachrichtenstudio errichten - „den modernsten Newsroom Europas“ wie der Mainzer Sender selbstsicher verkündet. In der Summe rechnen ARD und ZDF bis 2012 mit stolzen 400 Millionen Euro Mehrkosten für HD-Produktion und –Verbreitung.
Free-TV-Sender mit Zickzack-Kurs
Die deutschen Privatsender zeigten sich in den vergangenen Jahren wenig geradlinig in der Umsetzung ihrer HD-Pläne. Der Anfang schien viel versprechend:
Als im Jahre 2005 noch in vielen Senderchefetagen über Sinn und Unsinn des neuen Formats debattiert wurde, ging die ProSiebenSat.1-Gruppe bereits am 26. Oktober 2005 mit ihren HD-Ablegern ProSieben HD und Sat.1 HD auf Sendung. Der Großteil des Programms wurde zwar lediglich auf High Definition Auflösung hoch konvertiert, Spielfilme und Serien wurden aber bereits in Full-HD ausgestrahlt. Das ambitionierte Projekt wurde aber in Folge von Zuschauermangel und Einsparungsbemühungen im Februar 2008 eingestellt. Der Neustart für die HD-Ausstrahlung der deutschen privaten Free-TV-Programme wurde mit dem Projekt HD+ des Satellitenbetreibers SES Astra realisiert. Seit November 2009 sind dort RTL HD und VOX HD verschlüsselt zu empfangen. Ende Januar 2010 kommen ProSieben HD, Sat.1 HD und kabeleins HD hinzu.
Der Gordische Knoten scheint also auch hier gelöst. Ganz unumstritten ist das Projekt allerdings nicht: Verbraucherschützer mokieren die „Technikpauschale“ in Höhe von 50 Euro jährlich, welche der niederländische Satellitenbetreiber den Nutzern nach einem kostenfreien Probejahr in Rechnung stellen möchte. Umfragen zeigen allerdings, dass potentielle Nutzer mehrheitlich durchaus bereit sind, dieses Entgelt zu bezahlen.
Weniger Freude lösen allerdings andere Details aus: Zum Teil müssen sich HD-Freunde auf die Anschaffung eines neuen Receivers einstellen, ältere HD-Receiver sind mit Ausnahmen nicht immer im Stande HD+ zu empfangen (wir berichteten). Außerdem zeigt sich Astra durch Aufnahmesperren und Einschränkungen beim Überspulen von Werbeblocken wenig nutzerfreundlich. Begründet wird dies mit lizenzrechtlichen Problemen.
Pay-TV schon seit 2005 in HD
HD-Enthusiasten der ersten Stunde mussten sich bislang ein Abo des Pay-TV Anbieters Premiere zulegen. Seit Dezember 2005 bot der inzwischen in Sky umbenannte Bezahlsender drei HD-Kanäle: Discovery HD, Premiere HD Sport und Premiere HD Film. Die beiden letzteren wurden Ende 2006 zu einem Angebot verschmolzen.
Der Nachfolger Sky bietet seit 4. Juli 2009 ein deutlich breiteres Angebot und geht mit sieben HD-Programmen auf Sendung: Sky Sport HD, Sky Cinema HD, Discovery HD, National Geographic HD, History HD, Disney Cinemagic HD und Eurosport HD. Ein Ausbau ist auch hier in Sicht.
Technische Spezifikationen
Für Laien mag die Vielzahl an Angaben rund um das hochauflösende Fernsehen recht verwirrend wirken. Im wesentlich unterscheidet man zwischen der kleinen HD-Auflösung mit 1280x720 Pixeln und der großen mit 1920x1080 Pixeln (Full-HD). Beide arbeiten mit dem Seitenverhältnis 16:9. Hinzu kommt die Bildwiederholungsrate.
Die deutschen Fernsehsender arbeiten hier mit entweder 50 Vollbildern (Öffentlich-Rechtliche Sendeanstalten) oder mit 50 Halbbildern (Mehrzahl der Privatsender) pro Sekunde. Vor- und Nachteile sind umstritten: Wirbt beispielsweise die RTL-Gruppe mit einer höheren Auflösung von 1920x1080 Bildpunkten und 50 Halbbildern (1080i), so arbeitet man bei ARD und ZDF mit 1280x720 Pixeln und 50 Vollbildern (720p), welche besonders bei schnellen Bewegungsabläufen wie sie vor allem in Sportübertragungen zu finden sind glockenklare Bilder verspricht. Geräte welche diese Signalarten verarbeiten können, tragen entweder das „HD ready“ oder „Full HD“ Logo. Um letzteres zu erlangen, muss ein Fernseher die volle HD-Auflösung (also 1920x1080 Pixel) darstellen können. „HD ready“ Geräte müssen dies nicht zwingend erfüllen, aber mindestens im Stande sein 1280x720 Bildpunkte anzuzeigen. In unserem HDTV Lexikon sind die technischen Spezifikationen zu HDTV detailliert erklärt.
Alle deutschen HD-Sender sind per digitaler Satellitenübertragung zu empfangen, die Einspeisung ins deutsche Kabelnetz ist derzeit noch von zahlreichen Unklarheiten geprägt. Verschiedene Kabelnetzbetreiber, allen voran Kabel Deutschland, möchte die durch die Einspeisung entstehenden Mehrkosten an die Programmveranstalter abwälzen, diese wiederum fordern Ähnliches von der Gegenseite.
HDTV via IPTV
Dank stetig steigender Internetbandbreiten wird Fernsehempfang via IPTV (Internet Protocol Television) immer attraktiver. In Deutschland hat sich vor allem ein Anbieter in der Übertragung von HD-Sendern über das Internet profiliert: Die Deutsche Telekom.
Immer mehr Deutsche interessieren sich für das IPTV-Angebot „MagentaTV“. Bisher sind dort die Sender AnixeHD, MTVNHD und das Bundesligafernsehen „Liga Total!“ zu empfangen. Im Februar 2010 kamen die öffentlich-rechtlichen Sender ARD HD, ZDF HD und der deutsch-französische Kanal arte HD hinzu. Hier gibt es weitere Informationen zu HDTV und IPTV für Sie.
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