„Fernsehen ist kein Gerät – Fernsehen ist ein Zustand“ - Interview mit Stefan Jenzowsky, Siemens CMT (Österreich) - 2. Teil


Nach dem ersten Teil unseres Inteviews mit Stefan Jenzowsky während des „Multi-Screen TV 2012“ Fachkongress, sprachen wir im zweiten Teil über zukünftige Themen des TV-Marktes.

IPTV-Anbieter.info: Das Fernsehen war bisher größtenteils ein „Lean-Back“ Medium. Wird das Fernsehen in der Zukunft interaktiver?

S. Jenzowsky: Fernsehen ist ja kein Gerät, Fernsehen ist ein Zustand. Wir haben ja heute Bildschirme an der Wand hängen, mit denen man so etwas wie Fernsehen kann, aber man kann mit ihnen auch beispielsweise „browsen“, was eine andere Tätigkeit zu sein scheint, mit einer größeren „Lean-Forward“-Charakteristik.

Ich glaube, das Fernsehen als Tätigkeit wird sich nicht verändern; es bleibt eine „Lean-Back“-Tätigkeit, die der Unterhaltung dient und Sie entspannen soll – oder, um es mit öffentlich-rechtlichen Parametern auszudrücken: der Information, Bildung und Unterhaltung dient. Was wir eben schon ausführlich besprochen haben, die Navigationsvorgänge, sind ja nur ein ganz kleiner Zeitanteil des Fernsehens. Die meiste Zeit verbringen Sie ja beim Fernsehen damit, Inhalte zu konsumieren, und das wird „Lean-Back“ bleiben.

IPTV-Anbieter.info: Was werden für Sie die Themen der Zukunft sein?

S. Jenzowsky: Wenn wir über die Zukunft des Fernsehens sprechen, geht es dabei um zwei Dinge. Erstens geht es um die Nutzerführung und Navigierbarkeit, also das Finden von Inhalten. Das Zweite ist das Führen des Nutzers zu diesen Inhalten. Wenn Sie mit einem Satellitensystem fernsehen, dann sehen Sie, dass dort 300 Sender verfügbar sind. Wenn ich in eine Content-Library wie beispielsweise maxdome schaue, dann sehe ich da eine fünfstellige Anzahl von Filmen, ich glaube über 40.000 Filme sind da drin – das sind wirklich sehr viele! Es gibt ja gar keine Möglichkeiten, sich alle diese Filme auf einem Bildschirm anzeigen zu lassen, nicht einmal nur die Titel. Und wenn Sie nach Genre auswählen, dann hilft Ihnen das bei beispielsweise 8.000 Action-Filmen immer noch nicht weiter.

Das heißt, wir müssen über intelligente Mechanismen, wie zum Beispiel Recommendation-Engines, den Nutzer führen. Darin liegt sicherlich ein großes Forschungs- und Nutzungsfeld: Wie kann man den Nutzer durch die unglaubliche Menge an Auswahlmöglichkeiten führen? Wenn wir heutzutage auf einen Fernsehbildschirm schauen, leiden wir ja schon manchmal fast an multioptionaler Orientierungslosigkeit. Außerdem muss auch das Interesse des Zuschauers für neue Dinge geweckt werden. Dafür werden auch soziale Netzwerke in Verbindung mit dem Fernsehen in Zukunft sehr wichtig werden. Fernsehen kann dadurch inspirierend werden.

IPTV-Anbieter.info: Welchen Stellenwert wird das TV-Gerät im Haushalt der Zukunft haben?

S. Jenzowsky: Die Fernsehbildschirme sind in letzter Zeit größer geworden, das wird Ihnen ja nicht entgangen sein. Ich denke, dafür gibt es einen ganz zentralen, begrenzenden Faktor – das ist die Wand. Und dahin wird das Ganze auch tendieren. Wir haben auch jüngst tolle neue 3D-Technologien gesehen, auch ohne Brille. Außerdem sind Verfahren, die 2D in 3D konvertieren, schon sehr stark geworden, und wir nutzen sie auch schon im OTT-Bereich. Das ist eine tolle Sache.

Für die Geräte selbst gibt es zwei Strömungen. Die erste ist, dass die Fernseher nur noch reine Anzeigegeräte sein werden, der Tuner bzw. das Empfangsgerät also aus dem Gerät ausgekoppelt wird. Die zweite Strömung geht davon aus, dass der Bildschirm mit dem Empfangsteil weiterhin eine Einheit bildet. Warum gibt es hier zwei verschiedene Ansichten? Fakt ist: So ein Fernseher lebt ja eine ganze Zeit. Gerade ein großer Bildschirm ist ja eine sehr große Investition für Familien, das kostet ja schnell vierstellige Beträge.

Weil die Schirme so groß und so teuer werden, ist es ja so, dass die sehr lange halten müssen. So ein Fernseher hat mal früher so um die zehn Jahre in einem Haushalt gehalten. Heute gehen wir davon aus, dass er etwa sieben Jahre in einem Haushalt bleibt. Nun haben wir in den letzten sieben Jahren einen ganz raschen Wechsel der Empfangstechnologien gesehen – Stichwort IPTV und aktuell auch „Over-the-Top-TV“. Diese Innovationsdynamik auf der Fernsehzuliefererseite spricht natürlich schon dafür, dass vielleicht der Bildschirm länger hält, aber immer mal das Empfangsteil ausgetauscht wird, beispielsweise für HbbTV.

Die andere Überlegung ist natürlich, dass ein integriertes Gerät einen enormen Nutzungskomfort bietet. Denken Sie nur daran, dass die Fernbedienung sowohl immer auf den Bildschirm, beispielsweise für Lautstärkeeinstellungen, als auch auf das Empfangsteil für Kanalwechsel zugreifen soll. Heute haben wir die etwas leidige Situation, dass mehrere schwarze Boxen in den Wohnzimmern herum stehen und mehrere Fernbedienungen benötigt werden, um diese Boxen zu bedienen. Davon will man ja eigentlich weg.

IPTV-Anbieter.info: Herr Jenzowsky, wir bedanken uns sehr für dieses interessante Interview.


» zum ersten Teil des Interviews mit Stefan Jenzowsky


Weiterführendes:

» IPTV Anbieter im Vergleich
» IPTV Vorteile im Überblick



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