„Es kommt spürbar Schwung in die Produktion von TV-Inhalten in UHD“ Interview mit Andre Prahl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen TV-Plattform

Andre Prahl: Wir haben UHD-Inhalte live via Astra und Eutelsat sowie über ein lokales Playout gezeigt: Von der Deutschen Telekom, Dolby, HD+, ProSieben, RTL, Sky und ZDF. Das Setup war ziemlich aufwendig aber notwendig, um die Bandbreite der UHD-Inhalte zeigen zu können, die es mittlerweile im Fernsehen zu sehen gibt. In der Form kann das derzeit nur die Deutsche TV-Plattform leisten, weil unsere Mitgliederstruktur die gesamte Medienindustrie repräsentiert.

neue TV-Trends auf der IFA 2018 | Symbolbild
Andre Prahl: Die Streaming-Anbieter verfügen ja schon über ein ansehnliches Portfolio von UHD-Inhalten. Es kommt jetzt aber auch spürbar Schwung in die Produktion von TV-Inhalten in UHD. Die Zuschauer können heute bereits Premium-Inhalte wie Formel 1, Live-Fußball, Shows, Serien und Dokus in UHD genießen. Die Verarbeitung und Verbreitung von solchen UHD-Inhalten ist allerdings sehr aufwendig, wenn man hohe Qualitätsstandards anlegt. Deswegen wird es sicher noch einige Zeit dauern, bis man den Betrieb kompletter Sender auf Ultra HD umstellen kann.
Andre Prahl: Die Einführung von UHD ist ein gutes Beispiel, wie man eine neue Technologie gewinnbringend für die Industrie und die Zuschauer einführen kann. Es gibt eine klare Roadmap und neue Standards und Features, die mit technologischen Altlasten aus grauer TV-Vorzeit aufräumen und das TV-Erlebnis sichtbar auf ein neues Niveau heben. Bei UHD geht es ja nicht nur um eine höhere Auflösung. Es geht vor allem um bessere Kontraste, mehr Farben in feineren Abstufungen und höhere Bildwiederholungsraten. Dieses Gesamtpaket bringt den Zuschauern einen echten und nachhaltigen Mehrwert. Deswegen wird sich UHD auch durchsetzen und als TV-Standard etablieren.
Andre Prahl: Auf jeden Fall. Wenn wir uns die gesamte Bewegtbild-Nutzung der Zuschauer anschauen, liegen lineare Fernsehangebote nach wie vor weit vorne, auch in der jüngeren Zielgruppe. Die Mediengruppe RTL beispielsweise erreicht linear monatlich rund 68 Millionen Zuschauer in Deutschland. Natürlich werden jüngere Zuschauer den Anteil an nicht-linearer Nutzung mittelfristig erhöhen. In Summe wird aber der Konsum von Bewegtbildern weiter steigen. Die Digitalisierung sorgt also dafür, dass die Videonutzung insgesamt weiterhin kontinuierlich zunimmt, und zwar unabhängig davon, ob linear auf dem TV-Gerät oder non-linear über die Online- und Mobilplattformen bzw. die verschiedenen Empfangsgeräte. Deswegen wandeln sich die Sender seit geraumer Zeit von TV- zu Bewegtbildanbietern für alle Plattformen.
Andre Prahl: Von Youtube einmal abgesehen, betrifft das in erster Linie die Verbreitung und nicht die Formate. Filme, Serien oder Dokus werden auch zukünftig zu den beliebtesten Inhalten zählen, große Live-Shows oder Live-Sport – die Domäne der TV-Sender – sowieso.
Andre Prahl: Natürlich stehen wir in einem Wettbewerb, gerade um die Gunst der jungen Zuschauer. Das betrifft in erster Linie wohl eher Pay-TV-Anbieter als frei empfangbare Sender, aber im Grunde bauen praktisch alle Sender ihre Video-on-Demand-Angebote deswegen deutlich aus. Hier gibt es natürlich unterschiedliche Ansätze, RTL setzt z. B. auf den deutschen Mainstream mit einem Schwerpunkt auf lokale, deutsche Inhalte. Wir haben bereits einen hohen Eigenproduktionsanteil. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Andre Prahl: Partnerschaften sind in einem Markt, der von großen internationalen Playern geprägt ist, immer sinnvoll. Auf der einen Seite muss man dabei ausloten, ob Kooperationen zu den jeweiligen Modellen der Partner passen, andererseits darf der Ausbau der eigenen Angebote nicht an Geschwindigkeit verlieren, wenn solche Gespräche laufen. Aber generell ist die Branche offen für Gespräche.
Andre Prahl: Ich glaube, einen großen Vorteil haben alle deutschen Anbieter: Sie verfügen über sehr viele, hervorragende, lokale Inhalte für den hiesigen Markt. Sowohl als Mainstream-Bewegtbildangebot, wie auch für spitzere Zielgruppen.
Andre Prahl: Es wird sicher auch in zehn Jahren lineares Fernsehen geben, da nicht jeder Zuschauer zu jedem Zeitpunkt sein eigener Programmdirektor sein möchte. Die Lean-back-Funktion von klassischem, linearen Fernsehen ist ein Mehrwert, der auch weiterhin genutzt werden wird. Gleichzeitig wird der Anteil an non-linearer Nutzung und Online-Angeboten wachsen. Der Gewinner dieser Entwicklung ist am Ende der Zuschauer.