Veveo Marketingchef Sam Vasisht: „Unsere innovative Technologie verändert die Branche!”
Unser USA-Korrespondent hatte die Gelegenheit, mit dem Marketingchef Sam Vasisht der Firma Veveo (jetzt Tivo) zu sprechen.
Veveo ist ein mit Risikokapital finanziertes Startup, das einzigartige Technologien entwickelt. Diese Technologien nutzen semantische Algorithmen, um intelligente Lösungen für große Datenbanken zu präsentieren.
Was zuerst kryptisch klingt, hat sehr praktische Auswirkungen, denn damit lassen sich Inhalte finden, navigieren und empfehlen. Doch steigen wir ein und übergeben das Wort an Herrn Vasisht!
S. Vasisht: Mein Name ist Sam Vasisht, ich bin der Chief Marketing Officer bei Veveo. Die meiste Zeit meiner beruflichen Laufbahn habe ich in der digitalen Medienindustrie gearbeitet - bis jetzt sind das 15 Jahre, und es geht noch weiter. Ich begann ganz klassisch, engagierte mich dann in den digitalen Medien und spezialisierte mich schließlich auf digitale Videos – das war eine ziemlich spannende Zeit, und wird es auch bleiben.
Nun bin ich nahezu ein Jahr bei Veveo. Seit unserer ersten Veröffentlichung im Jahr 2007, laufen unsere Produkte auf mittlerweile über 100 Millionen Geräten weltweit! Mit unseren Produkten machen wir es für unsere Kunden möglich, ihrerseits effiziente, intelligente und elegante Usability-Lösungen für ihre Dienstleistungen anzubieten. Diese Lösungen sind sehr flexibel und intuitiv. Zurzeit haben wir 40 Patente in diesem speziellen Bereich und insgesamt 67 eingereichte Patente.
Die meisten unserer Entwicklungen sind für Pay TV-Anbieter im Bereich Kabel, IPTV und Satellit. Wir haben unter anderem die größten US-Anbieter als Kunden, und wir führen momentan Gespräche mit führenden Anbietern in Europa und Asien. Wir sind auch für einige der Next Generation-Features von Kabel-Anbietern verantwortlich, die in den USA und Kanada veröffentlicht werden.
S. Vasisht: Unsere Lösungen und Technologien können viele Formen annehmen und haben eine Breite an Möglichkeiten für den Einsatz. Hier eine kurze Übersicht, was wir bisher entwickelt haben:
Predictive Search (“Vorhersagende Suche”): Wir haben eine schnelle, intelligente, intuitive, vorhersagende Suche entwickelt, die schon bei der Eingabe des ersten Buchstabens anfängt zu arbeiten. In anderen Worten: Wir versuchen mit dem ersten Tastenschlag auf einer Tastatur, auf dem Smartphone oder auf der Fernsehbedienung vorherzusagen, was der Benutzer sucht.
Wir zeigen sofort erste Suchergebnisse an und verfeinern sie mit jeder weiteren Benutzereingabe. Mit der Zeit gewinnen wir einen Eindruck von dem Benutzer und können so passendere Suchergebnisse anbieten. Besonders wichtig ist das für Eingabegeräte, bei denen der Benutzer nicht viel eintippen möchte, weil das Gerät dafür ungeeignet ist – wie etwa bei Fernbedienungen oder auch Mobiltelefonen.
Wir sind das erste Unternehmen, das diese Technologie in Produkte implementiert hat – begonnen hat es 2007 mit Verizon‘s FiOS. Genau auf dieser Technologie gründete sich das Unternehmen in 2004.
Bei Fernsehgeräten zeigen sich einige interessante Anwendungsbeispiele. So werden wir unsere Technologie zum Beispiel bei einem Next-Generation-Gerät eines führenden Kabel-Anbieters der USA integrieren. Sobald ein Benutzer Eingaben mit den T9-Tasten der Fernbedienung tätigt, tauchen die ersten Suchergebnisse auf.
Wir haben die Suchfunktion so perfektioniert, dass in den meisten Fällen drei bis fünf Tastenanschläge reichen, um brauchbare Ergebnisse zu bekommen. Oder anders gesagt: Unsere Suche weiß schon vor der vollständigen Eingabe durch den Benutzer, was er sucht. Der Benutzer braucht dafür nicht in eine spezielle Suchoberfläche wechseln.
- Wenn er zum Beispiel 266 eingibt, können wir uns denken, dass er nach dem Kanal mit der Nummer 266 sucht,
- oder nach einem James Bond-Film, denn 266 referenziert auf die Buchstaben BON,
- oder nach einem Film mit Bonnie Hunter,
- nach dem Titel Conair oder
- nach dem Nachrichtensender CNN - denn die T8-Tasten referieren auch auf CON und CNN!
Hyper-Personalization (“Extreme Personalisierung”): Die andere Sache, die unsere Kunden stark nutzen, sind unsere Ansätze zur Personalisierung. Wie Sie sich vorstellen können, wird unsere vorhersagende Suche damit noch mächtiger, weil wir noch genauer wissen, wonach der Benutzer suchen könnte.
Anstatt allgemeingültige Ergebnisse zu präsentieren, können wir maßgeschneiderte Ergebnisse für jeden einzelnen Benutzer anbieten. Die andere Möglichkeit, die diese Personalisierung eröffnet, ist im Bereich der verbesserten Empfehlungs- und Navigationstechnologie.
Zum Beispiel wird ein Kabel-Anbieter in den USA bald einen personalisierten Kanal-Guide für die nächste Generation der Geräte veröffentlichen. Jede Set-Top-Box wird also einen personalisierten Kanal-Guide anbieten. Die Benutzer erhalten dabei eine Auswahl von Kanälen und Programmen, die gezielt auf ihren Interessen zugeschnitten sind.
Diese Technologie veranschaulicht eines der Hauptprobleme der meisten Pay TV-Produkte: die Flut an Kanälen und tausenden von Video on Demand-Angeboten. Der Benutzer ist nicht an allem interessiert, will aber trotzdem die für ihn relevanten Inhalte nicht verpassen - und das ist die Herausforderung!
Diese Hyper-Personalisierung ist dabei nicht statisch, sondern verändert sich von Tag zu Tag, sogar von Stunde zu Stunde. Es werden unterschiedliche Ergebnisse angezeigt, basierend auf den Programmen, die sich der Benutzer angeschaut hat.
Wichtig ist, dass das alles im Hintergrund passiert. Das bedeutet, dass wir die Benutzer nicht fragen: “Was magst du, und was nicht?” oder sie auffordern, etwas zu bewerten oder eigene Profile anzulegen. Wir berechnen anhand der konsumierten Inhalte ihre Gewohnheiten. Es gibt eine Menge relevante und kontextuelle Faktoren, die bei dieser Berechnung hinzukommen können. Wir können zum Beispiel auch Trend-Daten aus Social Networks, Breaking News und anderen relevanten Datenquellen einbringen.
Conversational Interfaces (“Konversations-orientierte Oberflächen”): Diese ganzen Technologien und Entwicklungen werden wirklich interessant, wenn die semantische Intelligenz mit der Verarbeitung der natürlichen Sprache zusammen gebracht wird.
Das nennen wir „Conversational Interfaces“, worunter wir die Spracheingaben des Benutzers und die Antworten darauf verstehen. Einige Analysten, die sich unser System angeschaut haben, nennen es “Siri auf Steroiden”, in Anlehnung an den Siri-Assistenten von Apple. Dieser hat sprachbasierte Eingabemasken überhaupt erst bei der breiten Masse populär gemacht, und wir machen das nun auch für das Fernsehen möglich!
Sie können den Fernseher, das Tablet oder das Smartphone zum Beispiel fragen: “Wann läuft das Spiel?”, und es wird wissen, dass Sie nach einem Sport-Event im Fernsehen suchen. Die Antwort wird sein: “Das Spiel ist zwischen Team A und Team B um 18 Uhr“.
Darauf könnten Sie wieder fragen: “Wann spielt Team C?” und das System weiß, dass Sie zum selben Thema eine Frage stellen. Wenn Sie dann aber fragen: “Was läuft um 20.15 Uhr?”, wird es auch wissen, dass Sie nicht länger nach Sport-Übertragungen suchen. Sollte eine Frage zu weit gefasst oder doppeldeutig sein, ist das System außerdem in der Lage, nachzuhaken. Diese Technologie hat gigantisches Potenzial in der fragmentierten Video- und Fernsehwelt!
S. Vasisht: Es gibt zwei bedeutsame Trends. Erstens werden die Quellen für Video-Inhalte weiter wachsen. Video-Inhalte sind auf traditionellen TV-Quellen abrufbar, genauso wie von Pay-TV Anbietern und Video on Demand-Diensten. Dann gibt es SVOD, also Video on Demand-Abodienste, die interessanterweise auf Fernsehbildschirmen mittels Spielekonsolen und Set-Top-Boxen konsumiert werden.
Auf der anderen Seite gibt es abgeschottete Dienste, wie die von Mobilfunkanbietern. Wir kümmern uns zum Beispiel um einen solchen Dienst für AT&T Wireless. Die andere Seite der Medaille ist die Verbreitung von Geräten, auf denen Sie Videos abspielen können. Es gibt Tablets, die zu einem Teil mobilfähig sind, zum anderen Teil nicht. Des Weiteren gibt es verschiedenste Geräte, wie zum Beispiel Set-Top-Boxen (wie von Roku) und Spielekonsolen (wie die Xbox oder die Wii).
Während diese Vielfalt für Kunden gut ist, so ist sie zugleich auch verwirrend. Wir sehen also eine zunehmende Fragmentierung der User Experience, die bei den verschiedenen Anwendungen harmonisiert werden muss.
Der andere Trend sind Cloud-basierte Dienste. Insbesondere sind es Dienste, die Inhalte verbreiten, und natürlich digitale Videorekorder. Diese sind noch im Entstehen begriffen und es gibt mehrere Probleme rund um rechtliche Dinge und Geschäftsmodelle, die noch geklärt werden müssen. So gibt es zum Beispiel eine Reihe von Diensten, bei denen ich nicht die gleichen Inhalte zu denselben Konditionen auf jedem Gerät konsumieren kann.
In anderen Worten: Was für mein iPad erhältlich ist, kann ich nicht über die Roku-App abrufen, weil es auch im TV läuft und es so zu einer Kollision von Rechten kommt. Einige Inhalte, die ich zu Hause streamen kann, kann ich es außerhalb meiner vier Wände nicht mehr nutzen. Das bedeutet für uns, dass die Usability vereinfacht werden muss, unabhängig von rechtlichen, finanziellen und auch technischen Fragen. Es wird aber keine linearen Entwicklungen geben.
S. Vasisht: Wir reden nicht nur über das Fernsehen und Entertainment, es ist allgegenwärtig. Wenn heute eine Website ohne ein Video auskommt, gilt sie als veraltet. Jeder in der Medienbranche ist Videoproduzent oder verbreitet mediale Inhalte. Jeder ist heute Videoproduzent, und das bedeutet, dass die Akteure sich darauf einstellen müssen!
Ein Unternehmen, das Heimwerker-Produkte herstellt, könnte auch einen Heimwerker-Kanal betreiben. Bekleidungsgeschäfte können Mode-Kanäle betreiben. Kreuzfahrtunternehmen können Reise-Kanäle betreiben und so weiter.
Das könnte Product Placement in ganz besonderer Form werden und die Medienbudgets in andere Richtungen bewegen. Die jetzigen Budgets konzentrieren sich bei Product Placement und Werbung auf Studioproduktionen, und genau diese Budgets könnte der Wandel treffen. Die Entwicklung hat breite Auswirkungen und wir stehen erst am Anfang der Veränderungen.
S. Vasisht: Die gute Nachricht ist, dass die Video-Industrie als Ganzes eine gute Entwicklung durchmacht und deren Mitspieler (und neue Marktteilnehmer) mit revolutionären Technologien monetarisiert werden. Die Geldgeber von Hulu zum Beispiel sind die führenden TV-Sender der USA.
„TV Everywhere“ erweist sich als gut für die etablierten Netzwerke. Auf der anderen Seite sehen Sie den Erfolg von Netflix, YouTube und vielen anderen Internetplattformen. Es gibt eine Menge “Zweitverwertung”, bei der TV-Inhalte eine zweite Chance bekommen. Manche Episoden werden sogar zuallererst im Internet veröffentlicht! So ging es auch der Unterhaltungsshow „TMZ“, die im Web begann und dann einen Platz im Fernsehen bekam.
Die gute Nachricht für Unternehmen wie Veveo ist, dass die Kundenzahl steigt. Innovation und neue Technologien lohnen sich, es ist nicht länger ein Nullsummenspiel, wie man ursprünglich dachte. Das heißt, es gibt Teile unserer Branche, die absteigen werden, und andere, die sich einer neuen Realität anpassen müssen.
Viele Menschen denken zum Beispiel, dass die Abopreise für Pay TV-Angebote unhaltbar sind, weil die Gratisangebote wie Pilze aus dem Boden schießen.
Die Zeit wird zeigen, wie das von statten geht. Um es positiv zu betrachten: Es passiert alles langsam und stetig, und jeder kann sich in diesem Ökosystem verändern und weiter entwickeln. Wenn man die Veränderungen im Bereich Video und Fernsehen anschaut und sie mit denen in der Print- und Musikbranche vergleicht, stellt man fest, dass sich unsere Industrie gut auf die neuen Gegebenheiten hin angepasst hat!